Leistungssprünge bei Läuferinnen & Läufern

Langfristiger behutsamer Aufbau mit stetiger Leistungsentwicklung

 

Ein neues Jahr beginnt und die Vorsätze für das neue Jahr sind in aller Munde. Hierzu habe ich mir mal meine Gedanken gemacht und möchte darüber philosophieren, ob „Übermotivation“ immer zum Ziel führt. Kurzfristig vielleicht schon aber wer auf Langfristigkeit aus ist, der sollte sich bei dem Thema seine Gedanken machen. 

 

Denkt bitte mal selber kurz zurück wer euch in den letzten 10 Jahren in der Laufszene in Schleswig Holstein von der Spitze im Kopf geblieben ist und wer heute vor allem noch dabei ist. Die könnt ihr im Langstreckenbereich an einer Hand abzählen.  Warum das so ist, das versuche ich mit einigen Beispielen in meinem Artikel zu erklären. 

 

Seit dem Jahr 2003 bin ich in jedem Jahr sub 33:00 über 10km gelaufen.  Diese führe ich erstens auf meine Leidenschaft für das Laufen zurück, aber zweitens (und das ist wohl der wichtigere Grund) auf eine nie extrem stark gesteigerten  Trainingsumfänge zurück.  Dieses hat mich (toi toi toi) meiner Meinung nach vor langwierigen Verletzungen bewahrt.  Somit konnte ich stabil mein Training über die Jahre durchziehen und somit auch mal mit weniger Trainingsaufwand immer noch „gute“ Leistungen erlaufen. 

 

Als weiteres Beispiel für ebenfalls konstante Leistung  mit keinem  „übermäßigen“ Training ist Karen Paysen  hier zu erwähnen.  Sie hat letztes Jahr im Alter (W45) beide Landesmeistertitel der Frauen gewonnen, trotz drei Frauen die im Halbmarathon im selben Jahr  unter  1:18,30 und vier unter 37:15 min. über  10km  gelaufen sind.  Nur durch ihre Beständigkeit waren ihr diese beiden Titel möglich, denn gegen die „jüngere“ Konkurrenz hätte Sie normalerweise keine Chance gehabt. 

Hoch hinaus, & weg vom Fenster?

 

Langfristig kein Glück!?

 

Leider haben viele Läufer nicht so ein Glück gehabt und haben mit ihren richtig großen Leistungssprüngen dafür gesorgt, dass sie gar nicht mehr laufen können oder bis jetzt richtig große Probleme mit dem laufen weiterhin haben.

 

Beispiele:

 

Eine Läuferin lief in Deutschland noch 37er Zeiten, ging dann vor einigen Jahren in die USA und lief einmal  über 10km hier in Deutschland eine 33er Zeit. Heute läuft sie aufgrund unbekannter Probleme nach dieser tollen Zeit gar nicht mehr. 

 

Eine weitere Läuferin  lief noch 39er Zeiten in 2016. Im Jahr 2017 steigerte Sie diese auf gute 34 Min. auf 10Km und hat seit über einem Jahr Probleme mit dem Laufen.

 

Ein Läufer lief mal eine richtig gute Zeit über eine Überdistanz, trainierte dann aber weiter (wo  Natalie und ich schon dachten,  mach doch mal jetzt eine Pause)  aber die Endorphine über das Erreichte überwältigten ihn wohl so sehr, dass er weiter trainierte, da es nur eine „Zwischenstation“ sei.  Kurze Zeit später war für ihn mit Knieproblemen Schluss für über ein Jahr, trotz bester medizinischer Versorgung. 

 

Eine ehemalige deutsche Meisterin im Halbmarathon hatte nach richtig krassem Training  einen Burnout, bei dem sie wochenlang nur im Bett liegen konnte und nicht mehr raus kam. Das ist dann schon die extremste Variante, aber kommt leider öfter vor als man denkt.  Mir fällt da auf Anhieb eine  weitere deutsche Halbmarathon Meisterin ein, bei der das in ähnlicher Form  so war. 

 

Ein letztes Beispiel war nach dem Höhentraining einer Läuferin, die danach über ein Jahr nicht mehr laufen konnte und keiner konnte ihr bei der Ursache dafür helfen.  Die Ärzte wussten nicht was sie hat.

 

Frauen öfter betroffen?

 

Es ist zwar nur eine Vermutung, aber ich bin der Meinung, Frauen können sich mehr quälen und haben deshalb solche Leistungssprünge viel häufiger als Männer.  Ob es nun Zufall ist oder nicht, aber ich habe von viel mehr Fälle von Frauen gehört, wo es genau so war als eben von Männern. 

Leistungssprünge sind spannend und oft auch motivierend, aber es sind auch „Erfolge“ mit dem man lernen muss behutsam umzugehen und vor allem darauf zu achten, dass man jetzt nicht übereifrig/übermütig wird.  Nach der dritten PB sollte man sich vielleicht mal eine Pause geben.

 

Der Körper braucht seine Zeit

 

Der Körper verarbeitet solche „Leistungssprünge“, was die Bänder & Sehnen angeht erst nach über einem Jahr.  Und das auch nur dann, wenn der Körper  ausreichend mit genügend Eiweiß ( Aminosäuren) versorgt wird um diese zu verstärken und die Leistung damit weiter möglich zu machen.  

 

Wenn man dann noch über Wochen schlecht schläft, viel arbeitet, oder sogar „Erkrankungen“ mit sich rumschleppt, die den Körper zusätzlich schwächen, dann ist dieses natürlich extrem kontraproduktiv und wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu einem „Leistungsabfall“ führen. 

 

Lessons learned

 

Natürlich haben auch einige Läufer mit dem Laufen aufgehört und sich der Familie/ dem Beruf zugewandt, aber es gab auch viele, die sich „verletzungsbedingt“ aus der Szene verabschiedet haben. 

Wer wirklich Spaß am Laufen hat und es tut, weil er es liebt, sollte immer behutsam mit seinem Körper umgehen und sich daran erinnern, dass  er ist keine Maschine ist.  Natürlich sind Leistungssprünge toll, aber wenn man diese mit dem Verzicht aufs schmerzfreie Laufen die nächsten Jahrzehnte bezahlt, sollte man sich überlegen, ob der Preis nicht zu hoch ist. 

Ein langsamer Trainingsaufbau dauert zwar einige Jahre, aber ist somit auch lang anhaltender und vielleicht die sichere Variante, wenn jemand das Laufen wirklich liebt, aber eben auch besser werden möchte. 

 

Was man sehr oft nicht bedenkt:  Meist senkt sich auch das Körpergewicht durch das viele Training ab, was wiederum leistungssteigernd wirkt, aber irgendwann ist diese Spirale am Ende und es folgen eben die Verletzungen. Dann steigt das Gewicht wieder an, alles wird schwerer/langsamer und man ist stimmungsmäßig nicht gerade positiv drauf. Diesen Fluch zu durchbrechen geht erst, wenn man 100% fit ist, um dann wieder ruhig von 0 anzufangen.  

 

Dem Profiläufer bleibt natürlich manchmal nichts anderes übrig, als seinem Körper auch mal über die Grenze hinweg zu bringen, aber wer dann nach einige Rückschlägen nicht aufhört und seinem Körper endlich die verdiente Ruhe gibt, dem ist dann später auch nicht mehr zu helfen, denn in Deutschland muss sich kein Läufer so kaputt machen. Dafür haben wir einen Sozialstaat der uns auffängt.  In Afrika ist das natürlich anders, aber das wäre ein weiteres  Thema…

 

 

Euer Pascal